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Alumni: The Drake Younger Story

Drake Younger ist über einen Zeitraum von sieben Jahren einer der am häufigsten anwesenden und beliebtesten Gäste bei Westside Xtreme Wrestling gewesen. Mit 47 Matches für wXw hat der heutige NXT-Referee einen großen Beitrag zur Entwicklung von wXw geleistet. Sowohl im Death Match Bereich als auch als Strong Styler hat Drake zahlreiche große Schlachten geschlagen und vieles mit uns erlebt. Bei vielen Meilensteinen der Company war Drake vorne dabei.

wXw Matchmaker Felix Kohlenberg sagt über seine Gedanken zum ersten Booking vor acht Jahren: "2007 gab es eine sehr aktive Hardcore Szene im amerikanischen Wrestling. Viele Wrestler versuchten hier durch verrückte Aktionen oder brutale Kämpfe herauszustechen. Drake fiel hier jedoch ganz besonders auf, vor allem da er auch im traditionallen Wrestling überzeugen konnte. So war er für wXw 2007 die perfekte Wahl, um ihn ein Wochenende nach Deutschland zu bringen. Er konnte zwei Seiten zeigen, die damals ideal zu wXw gepasst haben: Deathmatch & Strong Style."

Ich habe Drake damals selbst vom Flughafen in Köln abgeholt. Im Flieger saß er nicht, als Nicht-Angehöriger habe ich keine Auskunft dazu erhalten. Als ich mich Stunden später langsam mit der No-Show abgefunden hatte, klingelte mein Telefon. Drake war in Köln gelandet und hatte dafür jeden nur erdenklichen Umweg genommen. Ich sagte ihm zu, in 25 Minuten am Flughafen zu sein, er solle ruhig drinnen warten. Es war ein nasskalter Märzabend. Ich weiß das noch genau, denn ich war überrascht von Drake, der breit grinsend im strömenden Regen stand, weil er mir nicht zumuten wollte, noch irgendwo einen Parkplatz zu suchen. Wie konnte ich jemanden mit dieser Einstellung nicht sofort ins Herz schließen?

Sein erster Gegner bei Dead End VII war Murat Bosporus. "Ich kann mich daran erinnern, dass es sehr viel Spass gemacht hat und er ein sehr netter, lustiger und talentierter Kerl war. Im Match hat er mich mit seinem Moonsault mit den Knien vorraus am Kopf getroffen. Ich erinnere mich noch genau daran, kurz weg gewesen zu sein", so Murats Erzählungen von diesem Kampf.

Das Match gegen Murat war gut, doch am nächsten Abend fand in einer kleinen Lagerhalle in Krefeld der Fight statt, der zwei Karrieren gemacht hat. Drake Younger und Thumbtack Jack hatten vorher auf MySpace Nachrichten ausgetauscht und TJ hatte das Konzept des Saw Death Matches entwickelt. Drake war lebensmüde genug, sofort zuzusagen.

"Die Location war perfekt für das Motto des Matches, denn sie sah aus wie die Badezimmer-Kulisse aus dem allerersten SAW-Teil." (TJ in seiner Autobiographie "Meine Kämpfe") Vor maximal 70 Zuschauern fand im Industriehafen von Krefeld-Oppum ein Kampf statt, der um die Welt gegangen ist und den die meisten Wrestler und über den Tellerrand des Mainstreams hinaus schauenden Wrestlingfans gesehen haben. Schon mit dem ersten Schlag mit einem mit Rasierklingen besetzten Stuhl fügten sich beide schreckliche Wunden am Rücken zu und von da an eskalierte diese unfassbar smarte Gewaltorgie. Drake Younger und Thumbtack Jack wurden über Nacht zu Untergrundstars. Ich bin mir sicher, dass bei allem Talent der beiden dieser Kampf der Katalysator war, der Drake irgendwann regelmäßig nach Japan und TJ regelmäßig nach Amerika gebracht hat.

"Es war die neue Messlatte, was UV-Matches angeht" urteilt TJ selbst. Recht hat er damit. Wenn wir auf die Death Match Szene schauen, dann ist danach das Garbage-Wrestling weltweit eskaliert im Bestreben, an das SAW Death Match heranzukommen. Die Surrealität der Kulisse und die Menge an Innovationen in diesem Match ist nicht mehr erreicht worden. Im Gegenteil: Zwei bis drei Jahre später begann der Abstieg des internationalen Death Match Wrestlings, weil das Ende der Gewaltspirale erreicht war ohne dabei die Einzigartigkeit des Saw Death Matches noch einmal zu erreichen.

Drake Younger hat die Death Match Geschichte von wXw mitgemacht. Er hat die Untergrundmatches im Westside Dojo bestritten. Er hat die legendären 18+ Events in Troisdorf absolviert und natürlich war er bei den 18+ Underground Events, über die nur über eine Mailingliste informiert worden ist und bei denen Ticketinhaber erst 48 Stunden vor der Show die exakte Location verraten bekommen haben, dabei.

Voran immer: Drake Younger vs. Thumbtack Jack. Saw Death Matches, No Ropes Barbed Wire Match und schließlich Pain in the Glass. Ich fordere jeden heraus, eine bessere und emotionalere Death Match Trilogie zu finden. Der Abschluss fand in Philadelphia statt. „Dort veranstaltete die wXw als erste deutsche Liga eine Show im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Am Nachmittag fand in der legendären ECW-Arena The Vision statt. (...) Bei dieser wXw-Show lieferten Drake und ich uns ein Match, das genauso hart und intensiv bestritten wurde wie unsere ersten beiden Aufeinandertreffen.“ (TJ in "Meine Kämpfe")

Es hätte noch ein viertes Kapitel gegeben, TJs allerletztes Death Match. Leider konnte Drake aufgrund des Vulkanausbruchs in Island, der im April 2011 die internationale Luftfahrt für einige Tage in Geiselhaft genommen hat, nicht in Deutschland ankommen. Über dem Atlantik ist seine Maschine umgedreht. Drakes Herz ist in dieser Nacht ein wenig gebrochen, denn er wollte diese Erinnerung mit seinem ewigen Rivalen teilen.

Doch die Karriere von Drake in der wXw bestand wie eingangs gesagt nicht nur aus Death Matches. "Drake sagt einmal von sich selbst, er sei kein guter Wrestler, deshalb würde er Death Matches machen. Stimmt, er war kein guter, sondern ein Weltklasse-Wrestler. Jedes Mal wenn ich mit ihm in Ring stand, haben wir abgeliefert und konnten die Fans begeistern. Tatsächlich einer meiner liebsten Gegner, da die Chemie einfach stimmt." Das ist die Einschätzung von Bad Bones, der über die Jahre immer wieder gegen Drake im wXw Ring gerungen hat.

2009 hat Drake im 16 Carat Gold Finale gestanden. Für die Generation der "Hybrid-Wrestler" - derjenigen Wrestler, die sich sowohl als Death Match Wrestler als auch als Strong Style Wrestler gesehen haben - war dies ein massiver Erfolg. Für Männer wie Drake selbst, TJ, JC Bailey und Sami Callihan war dies ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu Anerkennung, wie sie sich ein Masato Tanaka und Tomoaki Honma in Japan über viele Jahre erarbeitet haben. Drakes Leuchten in den Augen beim Carat-Finale ist unvergesslich.

Diese Entwicklung hat sich auch für andere Veranstalter bemerkbar gemacht. Marcus Sellhorn, ehemaliger Promoter von Catch Wrestling Norddeutschland und heutiger Veranstalter von Maximum Wrestling in Kiel, erinnert sich:

"Drake Younger war uns lediglich als Deathmatch-Wrestler bekannt, so dass wir zunächst kein Interesse an einer Verpfichtung hatten. Felix Kohlenberg hat sich jedoch sehr für ihn stark gemacht und uns letztlich davon überzeugt, dass Drake auch außerhalb des Deathmatch-Wrestlings sehr gut ist und hervorragend zum eher klassischen CWN-Produkt passen würde.

Wir haben Felix‘ Worten blind vertraut – und Drake hat jedes Stückchen Vertrauen absolut gerechtfertigt. Ein toller Wrestler, der im eher klassischen Wrestling völlig unterbewertet wird und ein Teamplayer, dem das Gesamterlebenis der Show deutlich wichtiger war als das eigene Ego. Drake hat uns entgegen unserer anfänglichen Skepsis vollkommen überzeugt, so dass wir ihn noch ein zweites Mal verpflichtet haben, als sich die Gelegenheit bot."

Ich habe die damaligen Roadtrips mit Drake zusammen gemacht und kann mich genau erinnern, wie die Skepsis bei Veranstaltern und Kollegen im Laufe des Tages Begeisterung gewichen ist. Auch wir hatten sicherlich eine schöne Zeit, Drakes Geburtstag gemeinsam mit Freunden auf der Reeperbahn zu feiern.

Drake ist bei wXw voran marschiert, nicht umsonst hat er Main Events für wXw auf allen drei Kontinenten bestritten. Drake war wXw-Headliner in der Turbinenhalle, in der ECW Arena und in der Korakuen Hall. Speziell der Trip nach Japan war besonders für uns. Drake hat uns alle immer wieder in den Arm genommen und fast geschrien, wie großartig es ist, dass wir das gemeinsam erleben können. Das ist die Seite von Drake außerhalb des Rings, die ihn so wahnsinnig wertvoll macht und die ihn auch für den NXT Locker Room wichtig machen wird. Drake ist ein unendlich positiver Mensch, einer, der sich selbst und andere begeistert und mitreißt. Du hast keine schlechte Laune, wenn Drake Younger um dich herum ist.

"Bad Bones" John Klinger sagt zu der bewegenden Wandlung, die Drake speziell 2011/2012 in seinem Privatleben mitgemacht hat: "Am Beispiel von Drake kann man sehen, dass man alles erreichen kann, wenn man nur den Willen dazu hat. Drake, der als Deathmatch Wrestler nach Deutschland kam, und durchaus viele Dämonen mit sich getragen hat, hat das Glück seines Lebens gefunden und jeden einzelnen Dämon bekämpft und besiegt. Er hat seinen Körper, seine Einstellung und seinen Charakter im Ring gewandelt."

Drakes Abschied im April 2014 war damit einer mit einem lachenden und weinenden Auge. Wir haben einen guten Freund, der uns über Jahre hinweg immer wieder besucht und begleitet hat, gehen lassen, um den nächsten Schritt in seiner Karriere und seinem Leben zu tun. Wir haben Drake kennengelernt als Jungen, der das Leben mit vollen Zügen auskosten wollte und der dem Tod grinsend ins Auge gestarrt hat. Wir haben erlebt, wie es mit ihm bergab ging, und wie er sich selbst zur Geburt seiner ersten Tochter aus dem Sumpf gezogen und neu erfunden hat. Als wir gehört haben, dass er den Sprung zur größten Liga der Welt schaffen würde, waren wir froh für ihn, denn niemand verdient dies mit seinem Engagement, seiner Leidenschaft und seiner Menschlichkeit mehr als Drake Wuertz.

TJ, der in seinem letzten Kampf gegen Bad Bones als Special Referee dabei war und somit eine lange Geschichte vollendet hat, schildert, was in ihm vorgeht, wenn er heutzutage den Fernseher anschaltet: "Ich bin unglaublich stolz, wenn ich Drake heutzutage bei NXT beobachte. Es freut mich vor allem, dass er und seine Frau Valerie durch seinen Job bei der WWE ein Leben leben können, dass sie sich vor wenigen Jahren noch nicht zu erträumen wagten. Aus dem manchmal mürrischen Jungspund, den ich 2007 zum ersten Mal kennengelernt habe, ist inzwischen ein stets positiv denkender Mann geworden. Drakes Wandlung ist schlichtweg bewundernswert und vorbildhaft. Durch ehemalige Kollegen wie ihn, die inzwischen den großen Sprung zur WWE geschafft haben, kann ich stellvertretend einen Traum leben."

Tassilo Jung

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